Landschaft: Der gewaltige Turner

Veröffentlicht auf von Jochen Ebmeier


Jetzt wird es ernst. Denn wir kommen zum - will das einer bestreiten? - größten Maler aller Zeiten. Na, der ergiebigste war Joseph Mallord William Turner, 1775-1851Joseph Mallord William Turner (1775-1851) auf jeden Fall. Allein dem englischen Staat hat er 20.000 Bilder vermacht… Er war einer der großen Revolutionäre in der Malerei und gilt zu Recht als Wegbereiter der Moderne. Aber wie bei Constable, geht es auch bei ihm hier nicht um eine kunsthistorische Würdigung, nicht einmal um eine Darstellung der Entwicklung seines ‘Personalstils’ (das könnte ich nicht; außerdem hatte er zu viele davon); deswegen ist auch keine Chronologie angestrebt. Sondern um seine spezifische Rolle dabei, wie die Landschaftskunst dazu beigetragen hat, das rein-Ästhetische aus seinen Bezügen zu sachlich-Thematischem zu entbinden. Und eigentlich hat er in dieser Hinsicht schon alles erledigt, was ihm die andern Künstler bis in die klassische Moderne hinein immer wieder nur nach-gesehen haben.


Wunderkinder gibt es nicht in der Bildenden Kunst. Zum Bilden braucht es Handwerk und das muss man erlernen. Aber des jungen Turners Begabung war so auffällig, dass sein Vater sie von Anbeginn unterstützte - indem er die Bilder seines Sohnes in seinem Friseursalon an die Wände hängte. Turner wurde mit vierzehn Jahren in die Schule der Royal Academy aufgenommen und stellte mit fünfzehn erfolgreich sein erstes Gemälde aus; ein Aquarell.


An Claude Lorrain kam er selbstverständlich nicht vorbei, und er hat ihn ganz unbefangen nachgemacht. Dass alles ein wenig verschleiert wirkt, mag am englischen Nebel liegen; oder am persönlichen Geschmack? Das italienische Licht hat er erst nach seinen Claude-Stücken kennengelernt.


Der Niedergang Karthagos, 1817


Keiner vor ihm hatte wie Claude in der Luftperspektive (je ferner, um so verschwommener) exzelliert. Turner setzt eins drauf. Wenn es auch nicht möglich ist, ihn einem bestimmten ‘Stil’ zuzuweisen, zieht sich doch ein ästhetisches Merkmal durch das ganze Werk: Die Körper haben keine Konturen, die Flächen haben keine Grenzen mehr. Wie ein Über-Claude holt er den Hintergrund bis in den Vordergrund: Alles schwimmt.


regulus-1828-1837

Claudes formales Schema bleibt unbehelligt, aber die Ästhetik ist eine ganz neue.

keelmen-heaving-in-coals-1835
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Immer wieder wird Turner als Vorläufer des Impressionismus genannt. Aber mehr noch als Constable, darf man ihn auch als einen  Wegbereiter des Expressonismus ansehen:

entangled-in-flaw-ice-endeavoring-to-extricate-themselves-exhibited-1846
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(wird selbstverständlich fortgesetzt)
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Veröffentlicht in Aesthetica

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